Meilensteine des Sprechens im ersten Lebensjahr:
nach sechs Wochen: Lallen, Gurren
nach sechs Monaten: Plappern, Ausprobieren von Lauten
Herstellen von Beziehungen zwischen Wortklang und dem Gegenstand und entsprechende Verwendung z.B „wau“ für jeden Hund
mit etwa neun Monaten versteht es „Nein“ und „Ja“
mit einem Jahr spricht es erste Wörter; es reagiert auf Aufforderungen, wie :“Klatsch in die Hände.“
Von einer verzögerten Sprachentwicklung spricht man, wenn der Erwerb von Sprache zu spät oder sehr langsam bzw. unvollständig erfolgt. Folgende Gruppen lassen sich unterscheiden:
Verzögerte vorsprachliche Entwicklung/Verzögerter Sprachentwicklungsbeginn:
Das Kind schreit, gurrt und lallt kaum; Das Kind hört zwischen dem 6. und 8. Lebensmonat mit Lautäußerungen auf (dies könnte ein Hinweis auf eine Hörstörung sein, siehe „Hörstörungen"). Bereits im
Kindergartenalter oder früher können Kinder mit Problemen beim Spracherwerb auffallen. Dabei kann die kindliche Ausdrucksweise sehr unterschiedlich gestört sein.
Störungen der Aussprache (Dyslalie)
(Multiple) Dyslalie
Eine (multiple) Dyslalie ist eine Artikulationsstörung, in der ein oder mehrere Laute nicht richtig artikuliert werden.
Es gibt s.g. phonetische und phonologische Artikulationsstörungen.
Bei einer Phonetischen Störung kann das Kind einen bestimmten Laut, z.B. /k/ nicht produzieren, hier spricht man von einer Lautbildungsstörung.
Bei einer Phonologischen Störung kann das Kind einen separaten Laut bilden, jedoch hat es Schwierigkeiten diesen Laut in verschiedene Positionen in einem Wort zu bilden. So kann das Kind z.B. Kuh sagen, das Wort Speck allerdings nicht, da das /k/ hier am Ende steht. Hier spricht man von einer Lautverwendungsstörung.
Es gibt verschiedene Ursachen bei einer Dyslalie:
Schwierigkeiten in der Aufnahme und Verarbeitung von Sinnesreizen
Bewegungsstörungen der Artikulationsorgane
Genetisch bedingte Ursachen
Einflüsse des familiären und sozialen Umfelds
Kinder können nicht alle Laute von Anfang an (richtig) produzieren. Alle Laute müssen zuerst erworben werden. Das passiert global in folgender Reihenfolge:
Alter Einzelkonsonanten Konsonantenverbindungen (initial)
1;6-1;11 [m] [d]
2;0-2;5 [b] [p] [n]
2;6 -2;11 [v] [f] [I] [t] [x] [k] [h]
3;0 -3;5 [j] [R] [g] [pf] [fR] [kl]
3;6-3; 11[bl] [bR] [fl] [gl] [gR]
4;0 -4;5 [?]
[dR] [tR] [kR] [kn] [kv] [Dl] [Dm] [Dn] [DR] [Dp] [DV] [Dt]
4;6-4; 11 [DpR] [DtR]
(Tabelle aus Phonetische und Phonologische Störungen bei Kindern, Weinrich und Zehner)
Eingeschränkter Wortschatz
Der Wortschatz des Kindes ist zu klein, d.h. es kann viele Dinge noch nicht altersgemäß benennen. Es verwendet statt dessen hinweisende Ausdrücke (z.B. "das
da") und gebraucht für unterschiedliche Worte (z.B. für "Keks", "Brot" und "Löffel") stets den selben Begriff ("Happa"). Diese Störung tritt in der Regel nie isoliert auf, sondern häufig in
Kombination mit Dyslalie und/oder Schwierigkeiten beim Grammatikerwerb.
Dysgrammatismus
Gemeint sind Störungen beim Erwerb und Gebrauch der Grammatik, d.h. der Wort- und Satzbildung. Folgende Auffälligkeiten sind möglich.
Auslassungen von Wörtern und Satzteilen (sog. Telegrammstil: "Kevin Hause", "Papa Ball", "Auto steht Tisch")
Falsche Stellung der Wörter im Satz ("Heute Kindergarten gehe ich")
Fehlende Form, z.B. Verwechseln von Artikeln ("der Auto"); Verben werden nicht gebeugt ("ich gehen", "du machen")
Vergangenheits- und Zukunftsformen werden nicht oder falsch benutzt ("ich bin gegangt", "ich habe gegesst")
Eingeschränktes Sprachverständnis/Sprachverständnisstörung
Trotz eines intakten Gehörs wird die Bedeutung von Wörtern und Sätzen nicht verstanden. Diese Störung fällt im Alltag oft nicht auf, da sich die Kinder an der Situation und an der Mimik und Gestik
des Gesprächspartners orientieren und dadurch wissen was gemeint ist. Verläuft die Entwicklung aller Bereiche verzögert, spricht man von einer Sprachentwicklungsverzögerung. Selbstverständlich müssen
die Äußerungen des Kindes immer im Verhältnis zu seinem Alter gesehen werden. So verwendet ein 2-jähriges Kind normalerweise 2-3-Wort-Äußerungen und noch keine schweren Satzkonstruktionen.
Entsprechendes gilt für die Entwicklung der Aussprache und der anderen erläuterten Bereiche. Eine normal verlaufende Sprachentwicklung ist jedoch auch immer das Ergebnis einer positiven
Gesamtentwicklung (Geistige, motorische Entwicklung, Entwicklung des Hörens, Sehens, Tastens usw, soziale und emotionale Entwicklung) und sollte nicht getrennt davon betrachtet werden.
Ursachen von kindlichen Sprachstörungen
In der Regel kommen immer mehrere Faktoren in Frage, die die Aufrechterhaltung einer Sprachstörung verursachen können. Diese Ursachen sind:
Organische Ursachen (z.B. Hörstörungen, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, neurologische Störungen, motorische Störungen etc.)
Genetisch bedingte Ursachen (Disposition zu einer Sprachschwäche kann familiär vorliegen)
Soziokulturelle Ursachen (z.B. zu viel Fernsehen, wenig Kommunikation in der Familie, wenig Sprachanregung z.B kein Umgang mit Bilderbüchern, falsches Verhalten bei Zweisprachigkeit etc.)
Psychische Ursachen (z.B.durch Partnerschaftskrisen, Erziehungsunsicherheiten, Trennung der Eltern usw.)
Spezielle Formen von Sprach-/Sprechauffälligkeiten
Näseln (Rhinophonie)
Sprechen mit näselndem Stimmklang
Offenes Näseln: Der Luftstrom kommt durch die Nase statt durch den Mund (z.B. bei Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte oder bei "Schonhaltung" nach "Polypen"-Entfernung)
Geschlossenes Näseln: Der Luftstrom kommt durch den Mund, wenn er durch die Nase kommen sollte (z.B. bei "Polypen" und schwerem Schnupfen)
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten
LKG-Spalten sind Fehlbildungen des Gesichts, deren Entstehung noch nicht endgültig geklärt ist. Der Ort der Fehlbildung (Mund- und Nasenraum) und dessen Nähe zu Ohr und Kehlkopf können sich auf
die Sprachentwicklung des Kindes nachteilig auswirken. Im interdisziplinären Team (zusammen mit Kieferchirurg, HNO-Arzt, Kieferorthopäde) muss die Behandlung frühzeitig beginnen. Bereits im Alter von
wenigen Monaten sollte das Kind einer LogopädenIn vorgestellt werden (z.B. Elternberatung, Behandlung der evtl. gestörten Trink- und Kaufunktion, Schaffung der muskulären Voraussetzungen für spätere
Artikulation). Später sollen falsche Artikulationsmuster, die sich das Kind im Laufe der Zeit angeeignet hat, abgebaut und durch korrekte neue ersetzt werden.
Sprachauffälligkeiten bei Zweisprachigkeit
Es besteht die Gefahr, die Muttersprache ausländischer Kinder in ihrer Entwicklung zu bremsen (z.B. in Kindertagesstätten, Schulen etc.) Dies kann wiederum eine Verzögerung der Zweitsprache zur Folge
haben, da die Sprachfähigkeiten der Muttersprache als Grundlage für den Zweitspracherwerb dienen. Die Muttersprache ist demzufolge kein Hindernis für den Deutschlernprozess. Eltern sollten deshalb in
der (jeweiligen) Muttersprache mit ihren Kindern sprechen (Prinzip: "Eine Sprache - eine Person"). Das Kind soll lernen, beide Sprachen zu trennen und nicht zu vermischen.
Logopädische/Sprachtherapeutische Behandlung
Sprachtherapeutische Behandlung
Die Aufgabe des Sprachtherapeuten besteht u.a. darin, Abweichungen von der Normalentwicklung zu erkennen und störungsspezifische Behandlungsvorschläge zu machen bzw. die Behandlung durchzuführen. Bei sehr kleinen Kindern (ca. 2-3 Jahre) wird häufig zuerst eine Elternberatung durchgeführt, in der u.a. sprach- und sprechfördernde Verhaltensweisen besprochen und eingeübt werden können. Die direkte Therapie mit dem Kind verläuft immer in spielerischer Form, je nach Ausprägung der Störung ein- bis mehrmals wöchentlich ca. 45 Min. Bei zusätzlicher Störung der Konzentration/Aufmerksamkeit sind auch 30 Minuten möglich. Die logopädische/sprachtherapeutische Behandlung erfolgt in der Regel nach ärztlicher Verordnung (privat und alle Kassen). Wenn Sie Fragen zum Thema Sprachauffälligkeiten bei Kindern haben, von Ihren Erfahrungen berichten möchten oder Beratung wünschen, schreiben Sie uns oder rufen Sie einfach an. Wir helfen Ihnen gerne weiter.